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Am eDay ’08 der Wirtschaftskammer Kärnten habe ich mit einem Unternehmer der gerade vor der unpopulären Entscheidung steht die Portokosten zu erhöhen eine kurze Diskussion geführt.

„Da wäre ein öffentlicher Dialog über ein Firmen-Blog doch geradezu ein Wahnsinn“, meinte der Unternehmer.

Wirklich? Überaus passend dazu dieses Beispiel, über das ich erst wenige Tage zuvor durch ein persönliches Schreiben eines Unternehmers erfahren hatte.

Der Nutzen offenen Dialogs mit Kunden

1998 gründete Wolfgang Meyer-Johanning die Firma Haus der Musik. Seine 35.000 Kunden schätzten sein Angebot nicht zuletzt wegen des portofreien Versands von Noten in ganz Deutschland. Musiklehrer gaben ihren Schülern die Empfehlung ihre Noten bei Wolfgang zu kaufen, weil es dort keine Mindestbestellmengen gab. Zumindest war das 10 Jahre lang so.

Im Jänner 2008 musste sich das Haus der Musik aber dann doch den stetig ansteigenden Portokosten für Kleinbestellungen hingeben und führte einen Mindestbestellwert als Portofreigrenze ein. Aber Wolfgang tat das nicht ohne vorab per Blog die Hintergründe und Alternativen zu erklären und den Kundennutzen einer Erhöhung der Versandkosten herauszuarbeiten.

alternativen.jpgDann folgte aber noch ein mutiger Schritt, mit dem sich Wolfgang von plumpen anonymen „Die Kosten sind gestiegen, wir danken für Ihr Verständnis“-Schreiben vieler Unternehmen differenziert:

Per Blog startet er eine öffentliche, ungeschminkte und unzensurierte Diskussion mit seinen Kunden.

Durch die Videoansprache, eine offene, unzensierte Diskussion, für die es im Weblog eine Plattform gibt, haben wir den Kontakt zu unseren Kunden gesucht und hergestellt. Die Reaktionen: Sachliche Kritik wurde geäußert, doch es gab keine einzige Kundenbeschwerde bei bis zu 300 Auslieferungen pro Tag – und es gab einen Umsatzzuwachs von ca. 30% gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Eines hat Wolfgang in o.a. Statement vergessen zu erwähnen, nämlich dass die Diskussion mit seinen Kunden auch zu konstruktiven Vorschlägen zur Verbesserung des Bestellvorgangs geführt hat. Welche das waren und wie sich die Diskussion entwickelt hat, liest man am besten selbst im offiziellen Firmenblog nach (siehe hier).

Video und Diskussion bleiben im Netz und werden sogar noch explizit verlinkt, und neue Kunden finden auf Anhieb eine (in persönlichen Worten des Chefs verfasste) Erklärung des Chefs höchstpersönliche, warum man beim Haus der Musik für Kleinstbestellungen Porto bezahlt. Der richtige Schritt um Vertrauen aufzubauen, seinem Unternehmen ein Gesicht zu geben und der Austauschbarkeit zu entgehen.

Versandfrei liefern, Portokosten Dritte bezahlen lassen

free.jpgEine andere Möglichkeit auch Kleinbestellungen weiterhin kostenfrei auszuliefern wäre noch jene, die Portokosten Dritte bezahlen zu lassen. Ein Beispiel: Ich finde einen Zeitschriftenverlag der ein für meine Zielgruppe lesenswertes Magazin herausbringt und biete an jeder Lieferung ein Kennenlern-Exemplar beizulegen.

Clemens Reitz, einer der wenigen österreichischen Finanz-Blogger, hat mir jüngst von so einem erfolgreich umgesetzten Beispiel eines Büroartikel-Versandhandels erzählt, wobei ich leider den Namen des Versandhändlers vergessen habe aber vielleicht folgt noch ein separater Beitrag dieses Beispiels.

(Leseempfehlung: Chris Anderson Wired Magazine, 25. Feb. 2008.
„Free! Why $0.00 Is the Future of Business“)

Nachsatz: Wie kam es zu diesem Beitrag

Ich bekomme täglich eMails oder Pressemitteilungen von Unternehmen und Gründern, die noch immer nicht verstanden haben (a) wie Blogs „funktionieren“ und (b) worum es bei anders|denken geht. Die meisten verfolgen reine Werbezwecke und landen noch vor dem Öffnen im Spam Folder.

Vom Haus der Musik erfuhr ich per Brief der mich (a) von der ersten Zeile an fesselte weil er mir (b) auf Anhieb erklärte worum es geht, (c) eine nachvollziehbare Geschichte erzählte und (d) für andere Leser dieses Blogs von Nutzen sein kann. Am eDay nannten wir das Mehrwert schaffen. Letzteres ist der Unterschied zwischen langweiliger Presseaussendung und dem Wert hier im Blog diskutiert zu werden.

Hannes Treichl

Ahoi, ich bin Hannes und das ist mein Wohnzimmer. In diesem Blog findest du persönliche Gedanken, Geschichten und Inspirationen für Wirtschaft, Beruf und Leben – weil alles ohnehin untrennbar miteinander verbunden ist. ICH | BLOG | PODCASTS | RAUCHZEICHEN.LIVE