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Prolog

Letzter Samstag vor Weihnachten. 22. Dezember 2012. Weihnachtsstress? Nein, hier nicht. Ein landesweit wohl einmaliges Alleinstellungsmerkmal: Selige Ruhe in der Haupteinkaufsstraße. Herz was willst du mehr…

Das entspannendste Weihnachtsshopping des Landes in menschenleeren Straßen.

Liebe Stadt,

Du stirbst. Nein. Du bist schon tot. Deine Schaufenster sind leer. Die toten Augen der Stadt werden immer mehr. Die Verkäufer der letzten Geschäfte verstecken sich hinter ihren Tresen. Drinnen natürlich.

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Du fragst dich warum? Nein, nicht (nur) weil du ein (ebenso leeres) Einkaufszentrum gebaut hast. Sondern weil du den Menschen ihren Raum genommen hast.

Straßen sind Räume, Plätze, Treffpunkte.
Das waren sie immer schon. Es waren sogenannte „Menschen“, die ihnen eine Seele einhauchten und sie prägten. Nicht Autos. Rund um Menschen ließen sich andere Menschen nieder. Künstler, Handwerker, Händler. Der Handel folgt den Menschen. Umgekehrt funktioniert das Spiel nicht.

5 spontane Gedanken

Ein McDonald’s soll Menschen anziehen? Belebung durch Abschaffung der Fußgängerzone? Belebung durch Autos? „Coole“ Idee!

„Anregungen werden gerne entgegengenommen“, Bürgmeister Lindner, Schwaz. Deine Anregungen sind hier in den Kommentaren herzlich willkommen. Sofern der städtische Feedreader dieses Blog nicht ohnehin abonniert haben sollte, werde ich Eure Meinungen an die Stadt weiterleiten.

Aus ganz einfachen Erkenntnissen einer Diskussion von letzter Woche (und anlässlich der Stadtväterlösung, die halbherzige Fußgängerzone abzuschaffen statt auszuweiten), leiten sich deine (ersten!) 5 Aufgaben ab, deren Abarbeitung der Anfang deines möglichen Auferstehens ist.

1. Erlaube! – Gib den Menschen ihren Raum zurück.

Es ist immer Aktivität, die belebte Städte auszeichnet. Schaffe Treffpunkte und öffentliche Räume, die wieder den Menschen gehören. Wenn ich in der Mitte deiner Fussgängerzone meinen Tisch aufbauen möchte, Freunde und Fremde daran Platz nehmen wollen, so erfreue dich an meiner Initiative – statt es mir zu verbieten.

Grillen in Regensburg

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Warum darf ich in deinen Parks keinen Griller aufstellen; oder meinen eigenen Restaurant Day durchführen? Heute stört das in deinen toten Straßen ohnehin niemanden.

Picknick auf der Strasse

Mach deine Innenstadt zum außergewöhnlichsten Flohmarkt des Landes – dauerhaft. Die Straße ist dein und kein größenwahnsinniger Hausbesitzer kann mit Wuchermieten kreative Ladenbetreiber fernhalten.

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Wo es nichts zu tun gibt, bleiben die Straßen leer. Und das widerum beweist, dass irgendetwas schief gelaufen ist.

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2. Erschaffe! – Unterstütze das Entstehen von Treffpunkten.

Strassenschach

Belebte Straßen sind Treffpunkte von Menschen. Lade ein!

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Micro-Grünflächen, Kaffee-Tische, Schachbrettmuster auf deinem Kopfsteinpflaster, Kunstwerke, Vitrinen mit Büchern zur freien Entnahme, eine Galerie für Kinderbilder, konsequente Fußgängerzonen (ohne dass neben meinem Mittagstisch tiefergelegte Proloschlitten und Betonlastwagen ihre Runden drehen!),… erste Schritte, die du mit wenig Geld umsetzen kannst.

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3. Fördere die Bildung von Communities.

Belebte Straßen sind sozial. Bring Menschen zusammen. Initiiere einfache und gleichzeitig neugierig machende Projekte in deinen Straßen (Beispiele hierfür findest du in diesem Blog viele). Locke die Kids aus ihren Cocoons hervor und erlaube ihnen, sich in deinen Straßen zu treffen, zu spielen, Spaß zu haben.

Verlagere die Schreibtische deiner Beamten für einen Tag im Monat auf die Straßen. Lade zum Mitgestalten ein. Suche nach Freiwilligen (Geschäftsleuten, Einwohnern, Nachbarn) die stolz darauf sind, dich wieder lebendig machen zu dürfen und die Freude daran haben, das Leben aktiv mitzugestalten.

4. Reise, Reise, Reise …

… mit mir in andere Städte in denen noch Menschen leben. Erforsche Treffpunkte (nicht Touri-Meilen!). Pack deine Kaufleute in die Bahn und komm mit mir nach Kreuzberg oder sonst wohin. Dort wo du kreative Lebensfreude findest. Geh mit offenen Augen durch die Straßen und du wirst tausende Ideen entdecken. Kopiere, adaptiere, vermische, verbessere.

5. Hör auf zu reden; handle & begeistere.

Wie viele Ideen brauchst du noch? Genug gesammelt, überlegt und „Was-wäre-wenn“-Thesen diskutiert. Experimentiere mit einfachen und schnell umsetzbaren Vorschlägen. Zeige, dass es geht.

Nur so stellst du Nörgler ruhig und schaffst zeitnah eine starke, funktionierende Community. Alles was du verschiebst, verlängert dein Leiden, entzieht Energie und macht müde.

Epilog

Sorry, liebe Stadt,

Ich bin der falsche Sterbebegleiter. Ich brauche Leben um mich. Oder totale Abgeschiedenheit und Natur. Ich will dir nicht länger beim Sterben zusehen. Du saugst Energie aus mir anstatt mich aufzuladen.

I move.
Ich hatte eine schöne Zeit hier. Hatte!
Es ist Zeit, weiter zu ziehen.

Goodbye!

Fotos: Meine eigenen & Special Thanks to Ideas on Demand, Finnsland, Sweden Blogs, Wikipedia, Lesoir

Hannes Treichl

Ahoi, ich bin Hannes und das ist mein Wohnzimmer. In diesem Blog findest du persönliche Gedanken, Geschichten und Inspirationen für Wirtschaft, Beruf und Leben – weil alles ohnehin untrennbar miteinander verbunden ist. ICH | BLOG | PODCASTS | RAUCHZEICHEN.LIVE