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Ein erster Schultag der anders ist. Eine Halle in der getanzt und Lehrern applaudiert wird. Schüler, die sich über das Ende der Sommerferien freuen. Eine gemeinsame Party aller Klassen statt langweiliger Einweisung ins neue Klassenzimmer.

Strahlende Eltern. Motivierte Lehrer. Gelebte Visionen. Jeder hier weiß, wofür diese eine der fast 6.000 Schulen im Land steht. Eigeninitiativen erwünscht. Gibt es nicht? Gibt es doch!

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Heute Morgen durfte ich an der Eröffnung einer etwas anderen Schule teilnehmen. Hier verliert die Bezeichnung der „Neuen Mittelschule“ ihren Schrecken. Mehr.
Anders ist hier Prädikat.
Aber alles der Reihe nach.

Eine gigantische Infrastruktur. Zwei Fußballplätze, Beachvolleyballplatz, Skateboardpark, Basketballplatz, Natur direkt neben dem Inn – und keiner geht mehr hin? Ein großzügiges Schulgebäude. Platz ohne Ende – so mein erster Eindruck. Nur, wo sind die Schüler?

„Die werden leider immer weniger“, erzählt mir Direktor Othmar Praxmarer. Ein Problem, das nicht nur Neue Mittelschulen in Innsbruck zunehmend verspüren. Ein länderübergreifendes Problem. Verursacht durch (bildungspolitische) Probleme über die wir Wochen, Monate, Jahre philosophieren könnten. Würde uns kurzfristig allerdings zu keiner Lösung bringen…

Die Ursache ist für eine rasche(!) Lösung nicht immer relevant.
Langfristig gehört sie sehr wohl eliminiert.

Zusperren oder neue Wege gehen?

Tatsächlich kommt für den engagierten Direktor nur eine Antwort in Frage, denn Warten auf (politische) Lösungen bringt nichts. Ein neues Schulkonzept muss her. Eines, das wir selbst umsetzen können, dürfen und das schnelle Ergebnisse bringt. Und das zwei Jahre vor seiner Pensionierung. Respekt für deine unglaubliche Motivation, lieber Othmar.

Ein Hoffnungsfunke

Licht am Ende des Tunnels erblickt Othmar Praxmarer schon nach dem ersten Gespräch mit Daniel Dieplinger, selbst langjähriger General Manager des erfolgsverwöhnten Football-Teams der Swarco Raiders Tirol. Nach zahlreichen nationalen und internationalen Erfolgen, brach der visionäre Manager zu neuen Horizonten auf.

Seine Idee: Über Football jungen Menschen langfristige Chancen ermöglichen, die sich ihnen sonst kaum erschließen würden. Dabei geht es um weit mehr als Tackle Football, Flag Football und Cheerleading.

Die Symbiose zwischen Sport und Bildung funktioniert schon anderorts. Vor allem bei Einzelsportarten. Brotlose Team- (geschweige denn Rand-)Sportarten haben kaum Chancen. Daniels Ansatz: Eine Schule, in der Football zum Lernen motiviert, den Teamgeist fördert und fixer Bestandteil des Lern- und Schulkonzepts ist. Eine Football-Akademie.

Wenn der Leidensdruck sein Maximum erreicht, ist die Veränderungsbereitschaft am höchsten.

… möchte man meinen. Dennoch war es für das dynamische Duo Praxmarer/Dieplinger alles andere als leicht…

Wie man (bürokratische) Hürden überschreitet

Um eine breite, unterstützende Basis zu schaffen, lebt Daniel Dieplinger eine diplomatische Pull-Strategie. Das Beseitigen bürokratischer Hürden ist so etwas wie ein strategisches Meisterwerk.

Über eine Flagfootball-Schülerliga, an der sich rund 400 Schüler aus allen Mittelschulen Innsbrucks beteiligten, wird die Botschaft in die Politik getragen. Ignorieren ging kaum. Dafür war die Sogwirkung der Schülermeisterschaft schon zu groß (siehe Video).

Schule mit klar differenzierter Positionierung

Ein neues Schulkonzept entsteht. Einschließlich Branding, Identität, langfristigem Konzept. Wie ungewöhnlich für eine österreichische (Mittel-)Schule. Konzept, Branding, CI – Dinge die wir sonst nur aus dem nicht-schulischen Alltag kennen. Grenzen überschreiben ist erwünscht. Zentimeter um Zentimeter zumindest. Vor allem dann wenn es darum geht, sich für neue Rahmenbedingungen einzusetzen.

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von rechts: Daniel Dieplinger, Karin Zangerl, Othmar Praxmarer. Das Kern-Arbeitsteam der neu positionierten Schule

Erste Football Akademie Österreichs…

… steht seit heute Morgen fast schon bescheiden auf den Fahnen der Neuen Mittelschule Hötting West. Tatsächlich ist sie weit mehr als das, nämlich die erste Football Akademie in ganz Europa.

„Warum das nicht auch so kommunizieren?“ frage ich. Daniel schmunzelt. Wahrscheinlich wären mit dieser Superlative einige hilfreiche Fürsprecher verängstigt oder abgeschreckt worden. – Nicht seine Worte. Nur meine Interpretation.

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Wofür steht Deine Schule?

„Was hat deine Schule Besonderes zu bieten?“ – „Gar nichts!“ antwortet der Wiener Gymnasiast wie aus der Pistole geschossen. Später, im Berufsleben, soll er begeisterter Fürsprecher seines Unternehmens sein. Ziele haben. Ideen. Visionen. Gute Voraussetzungen dafür. Ich drehe das Autoradio lauter.

„Wirklich nichts?“ – „Nein. Ich freue mich, wenn ich nachmittags mit meinen Freunden auf den Fußballplatz kann. Dort haben wir Gemeinschaft.“

Schüler, die freiwillig 4 Wochenstunden länger zur Schule gehen

„Schade, dass wir nur 4 Stunden die Woche Football spielen“, sagt eine Stimme hinter mir. Ich drehe mich um. Der 10-jährige Knirps hat heute seinen ersten Schultag.

„Bist du nicht traurig, dass die Ferien zu Ende sind?“ – „Nein. Ich habe den ganzen Sommer darauf gewartet bis es endlich losgeht.“ Was er gerne werden würde? „Quarterback natürlich.“ Er grinst. Herrlich, wenn Kinder am ersten Schultag so strahlen.

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Lehrer, die lange vor Ende der Sommerferien (freiwillig) zu arbeiten beginnen

Zurück zur Party im Turnsaal. Ein Moderator, Tanzshow, Jubel, Footballer und Profifußballer mitten unter den Kindern. Idole zum Angreifen. Was für ein Erlebnis. Gleichzeitig die Umsetzung des (ersten) Lernziels.

Vieles, des heute den Schülern aller Klassen gemeinsam und auf spielerische Art vermittelten neuen Ansatzes ist das Ergebnis der Arbeit des Lehrerkollegiums. Seit Wochen hat man (auch in den Sommerferien!) auf diesen Tag hingearbeitet.

Ideen wachsen von Innen. Fördere & erlaube.

Liebes LehrerInnenteam,

während ich im Auto den Kopf über so einiges, das gerade in den Medien diskutiert wird schüttle, war ich von Eurer Motivation einfach nur begeistert! Da war der unsichtbaren Aufbruchsgeist, der im gespenstisch leer wirkenden, scheinbar viel zu großen Gelände in jedem Winkel zu spüren war. Da waren die leuchtenden Augen der SchülerInnen. Ich sah begeisterte Eltern…

Eure vielen Workshops warfen schon heute erste sichtbare Früchte ab.
Und der Garten wird weiter gedeihen.

Sport als Motivation für effektiveres Lernen

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„Sport ist eine hervorragende Möglichkeit, pädagogische Inhalte auf andere Art zu vermitteln“, erklärt mir Daniel Dieplinger. Mein Freund Tom ergänzt: „Genau darin lag auch meine Motivation, das Projekt zu unterstützen. Du hast nicht oft im Leben die Chance, so viel zur positiven Veränderung der Gesellschaft beitragen zu können.“

Womit wir wieder beim eingangs erwähnten Mehrwert des ganzheitlichen Pädagogik-Konzepts wären. Dieser Beitrag würde aber den Rahmen für Details sprengen. Um über Teams zu sprechen, Taktik, Strategie, Leidenschaft, Spiel- und Fankultur. Leider. Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben.

Bitte hinterlasse im Kommentarfeld deine Meinung, Fragen oder Feedbacks. Gerne sammle ich alle Anregungen und baue sie im nächsten Gespräch mit einem der Godfathers des österreichischen Football, Daniel Dieplinger, ein. Dann, wenn die anfängliche Euphorie Vergangenheit und erste Erkenntnisse Wirklichkeit sind.

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Allen Schülern, dem gesamten Team und Unterstützern wünsche ich viel Freude und sportlichen, sowie lerntechnischen Erfolg lange lange über den ersten Schultag hinaus. Ich bin überzeugt, dass hier noch Vieles entstehen wird. Anderes. Wertvolles. Innovatives.

Es war der richtige Weg jetzt anzufangen.
Gebt Euch Zeit.
Vor allem aber den Anderen!

Dann werden sich werdet Ihr auch viele eingerostete Rahmenbedingungen aufweichen. Hoffentlich! Spätestens aber dann, wenn andere mutige Schulen Euer Konzept übernehmen.

Darauf ist es ausgelegt.
Das ist eine der Visionen.
Und genauso wird es eintreten…

www.football-akademie.at
Danke für die drei Bilder, Florian.

Hannes Treichl

Ahoi, ich bin Hannes und das ist mein Wohnzimmer. In diesem Blog findest du persönliche Gedanken, Geschichten und Inspirationen für Wirtschaft, Beruf und Leben – weil alles ohnehin untrennbar miteinander verbunden ist. ICH | BLOG | PODCASTS | RAUCHZEICHEN.LIVE