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Im Anschluss an einen Vortrag im Rahmen der Jahresklausur der Europa Wanderhotels führte ich eine längere Diskussion mit Hoteliers über die Unterschiede zwischen Gästebüchern und Blogs. Hier eine Zusammenfassung für jene die an der Diskussion nicht teilnehmen konnten.

Gedanken zu Gästebüchern

Blogs sind Stammtische

Gästebücher sind auf Hotelseiten ja nahezu Standard. Ebenso Standard sind aber auch die oft recht spärlichen, unsortierten und später kaum noch auffindbaren Einträge von Gästen. Fakt ist auch, dass sich nur die wenigsten Betreiber von Gästebüchern mit eigenen Einträgen beteiligen und schon gar nicht kommt ein Dialog mit Gästen auf. Auch haben Gäste kaum Anreize das Gästebuch später wiederzubesuchen – Kundenbindungseffekt Null.

Gästebücher stammen aus den Urzeiten des Internet und ich muss mir die Frage stellen, ob Besucher meines Webauftritts den zensierten Gästebuch-Einträgen tatsächlich noch Glauben schenken – immerhin leben wir in einer Zeit in der jeder von uns schon einmal Einträge in Bewertungsplattformen besucht hat. (Vgl. Hotelsterne waren gestern.)

Mehrwert(?) von Blogs

Offensichtlichster Unterschied zwischen Blog und Gästebuch: Im Gästebuch geben Gäste das Thema vor, bei einem Blog wechselt der Blogbetreiber von der passiven in eine aktive Rolle und gibt mit seinen Einträgen den Startschuss für die Richtung der Kommentare seiner Leser.

Ich als Autor bestimme das Diskussionsthema – häppchenweise und in regelmäßigen zeitlichen Abständen (nicht im Überfluss wie auf der Homepage, auf der sich kaum jemand die Zeit nimmt all meine Inhalte zu lesen).

Blog der Dolce Vita Hotels, Südtirol
Beispiel Beiträge DolceVita Hotelblog

Meine Gäste, Leser, Freunde fordere ich dazu auf ihre Meinungen abzugeben. In weiterer Folge kann ein Blog durchaus wieder eine Art Gästebuchcharakter entwickeln, allerdings mit echtem Dialogeffekt. Wichtig aber gleichzeitig zu erwähnen dass nur ganz wenige Blogs es schaffen, Einträgen lange Diskussionen folgen zu lassen (heißt aber keinesfalls dass die Leser an den Inhalten nicht interessiert sind!).

Blogleser entscheiden selbst ob das Lesen eines Blogs persönliche Relevanz hat oder nicht. Für Erfolg oder Misserfolg bin ich selbst verantwortlich. Bin ich als Touristiker nicht in der Lage Geschichten zu erzählen die meinen Gästen einen Mehrwert bieten, die sie gerne lesen oder sie gar begeistern, spare ich mir die (niedrigen) Kosten für die Einrichtung eines Blogs, und döse weiter als Gästebuch Wächter auf meiner Couch.

Praxisbeispiel einer anderen Branche: Steirerbluat

steirerbluat.jpg
Ob jemand das klassische Gästebuch durch ein Blog ergänzen oder ganz ersetzen will oder nicht ist auch Geschmackssache. Schauen wir ein wenig über den Tellerrand und lernen aus anderen Branchen.

Bei der Konzeption der Internetstrategie der österreichischen „Alpenpop-Band“ Steirerbluat haben wir diesen Schritt bewusst getan, und das Gästebuch durch ein Tourtagebuch (Blog) ersetzt. Warum?

  • Weil Fans und Konzertbesucher so direkt jene Events kommentieren die sie gerade besucht haben, und
  • das Blog mehr Ordnung in die einstigen Gästebucheinträge bringt.
  • Zudem erleichtert es den Mitgliedern der Band einen strukturierteren Dialog mit Fans,
  • bietet zahlreiche Möglichkeiten zu Interaktivität und Bindung (vgl. Voting Ötzi vs. Steirerbluat)
  • ermöglicht die Einbindung von Videos und Tourfotos die im eigenen YouTube bzw. Flickr Channel abgelegt sind.

Fanfotos SteirerbluatInteressant auch der Kulturwandel der sich in der Denke der Künstler vollzogen hat.

Früher waren Fotoapparate auf Konzerten ungern gesehen. Mittlerweile fordert Christian Hütter, Boss von Steirerbluat, die Fans per Blog sogar dazu auf Fotos von Konzerten ins Netz zu stellen, an Freunde weiterzuschicken, mit dem Namen der Band zu „taggen“ und integriert die Fanfotos per Plugin direkt ins Blog.

Eine Öffnung und ein Feature an das sich selbst Fans erst noch gewöhnen müssen 🙂 [Vgl.: Fans gestalten Webauftritt mit]

Wie sieht es mit Kritik aus? War früher auf Konzerten die Stimme des Sängers einmal nicht so verträumt oder rockig wie gewohnt, häuften sich im Gästebuch Fragen dazu auf. Heute kündigen die Bandmitglieder das sogar im Vorfeld selbst an, weisen darauf hin dass trotz Grippewelle das Konzert stattfinden soll, ernten dafür von den Fans Genesungswünsche und anstatt Kritik aufgrund enttäuschter Erwartungshaltungen freuen sich die Fans dass die Veranstaltung trotz erschwerter Bedingungen überhaupt stattgefunden hat. Äußert sich tatsächlich mal ein Fan kritisch, so sind es andere Fans die zur Kritik Stellung nehmen – eine wesentlich glaubhaftere Vorgangsweise als Dementi aus der PR-Abteilung.

Suchmaschinen

Um den Kreis wieder in Richtung Hotel zu schließen: Hoteliers werden verständlicherweise immer sehr hellhörig wenn es um Suchmaschinen geht. Auch hier gibts große Unterschiede zwischen Blog und Gästebuch. Raten Sie selbst was sich wohl besser dafür eignet um seine Visibility bei Google zu erhöhen.

Vor einigen Wochen präsentierte DJ Ötzi seinen neuen Hit „I will leb’n“ im deutschen Fernsehen – der Hit ist eine Cover Version von Steirerbluat. Zeitgleich mit dem TV Auftritt veröffentlicht Steirerbluat einen Blogeintrag in dem Fans von der Cover Version erfahren haben. Angenehmer Nebeneffekt: Bereits 70 Minuten stieß jeder der bei Google nach dem neuen Hit von DJ Ötzi suchte auf das Original von Steirerbluat – wochenlang sogar noch vor den wesentlich kapitalintensiveren PR-Kampagnen von DJ Ötzi. Ein Effekt der weder (oder nur kostenintensiv) mit einer klassischen Homepage und schon gar nicht mit einem Gästebuch erzielbar ist.

Gästebuch oder Blog?

Warum stellen wir die Frage überhaupt? Warum gibt es für manche Menschen immer nur „entweder oder“? Warum nicht „sowohl als auch“? Das Gästebuch ist das Stammbuch wie es jeder in Form von Freunde-Alben aus der Kindheit kennt. Blogs sind nicht nur Internettagebücher.

Blogs können – um in der Sprache von Touristikern und Gastronomen zu reden – Stammtische sein um die sich Freunde unabhängig von Zeit und Aufenthaltsort versammeln, sich Geschichten erzählen und Gespräche führen. Warum also entweder oder? Die beste Lösung besteht darin Synergien zwischen beiden zu nutzen. Ein Praxisbeispiel dazu folgt…

Linktipp:
Wen auch technische Unterschiede zwischen Foren, Blogs oder Chats interessieren, liest Erläuterungen dazu bitte in diesem Beitrag bei Robert Basic nach.

PS: Christian, ich gratuliere Euch zum erstmaligen Aufstieg in die Top 20 der österreichischen Charts! (Hoff ich hab damit nicht zuviel verraten 🙂

Hannes Treichl

Ahoi, ich bin Hannes und das ist mein Wohnzimmer. In diesem Blog findest du persönliche Gedanken, Geschichten und Inspirationen für Wirtschaft, Beruf und Leben – weil alles ohnehin untrennbar miteinander verbunden ist. ICH | BLOG | PODCASTS | RAUCHZEICHEN.LIVE